Der Stadtrat wird aufgefordert, Bericht und Antrag für eine Anpassung des Tarifsystems bzw. des Elternreglements für die Elternbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung (Kinderkrippen und Tageseltern) zu erstellen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie so zu fördern, dass Dübendorfer Familien nicht aus finanziellen Gründen gezwungen sind, auf Erwerbstätigkeit zu verzichten, und negative Erwerbsanreize vermieden werden. Zu überprüfen sind dabei insbesondere:
- eine stärkere Berücksichtigung der Mehrkosten des zweiten Kindes und weiterer Kinder
- die Berücksichtigung des Pensums bzw. der Anzahl notwendigen Betreuungstage in Bezug auf den Subventionsansatz
Zu berücksichtigen sind Lösungen unter Einhaltung des bestehenden Kostendachs (wobei die heute bestehenden Subventionen nicht gekürzt werden dürfen), als auch solche mit einer Erhöhung des Kostendachs.
Anzugeben sind auch die für Dübendorf erwarteten Kosten entsprechender Massnahmen (unter Berücksichtigung der Anzahl mutmasslich betroffenen Familien).
Begründung:
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist sowohl für die Einzelnen als auch für die Gesellschaft wichtig. Sie dient der Chancengerechtigkeit, Gleichberechtigung, Lohngleichheit und der Selbstbestimmmung. Dass beide Eltern berufstätig sind, liegt auch im Interesse des Staates. So machen entsprechende Investitionen volkswirtschaftlich Sinn (weniger Altersarmut, weniger Sozialkosten, höhere Steuereinnahmen, Bekämpfung des Fachkräftemangels sowie von Standortnachteilen, Chancengerechtigkeit der Kinder).
Nach ausführlicher Analyse der Elternbeiträge der Stadt Dübendorf sowie einem detaillierten Vergleich mit anderen Städten (Uster, Zürich, Bern, Luzern) konnten verschiedene Mängel bzw. Fehlanreize im heutigen Tarifsystem der Stadt Dübendorf festgestellt werden. Alles in allem lohnt sich die Erwerbstätigkeit des zweiten Elternteils für viele Familien in Dübendorf nicht, bzw. sie zahlen sogar drauf (vom zweiten Einkommen verbleibt ein Negativ-Saldo, die Eltern haben bei Erwerbstätigkeit beider weniger Geld zur Verfügung, als wenn nur einer arbeiten würde).
Dies ist insbesondere bei mehreren Kindern der Fall. So bezahlt beispielsweise eine Familie mit (auf 200% gerechnet) maximal möglichen Haushaltseinkommen von brutto Fr. 150‘000.– jährlich mehr als Fr. 5‘000.– drauf, wenn das zweite Elternteil mit einem 60%-Pensum arbeiten geht, als wenn dieses Elternteil gar nicht arbeiten würde – und dies ohne Berücksichtigung der aufgrund des Zweiteinkommens erhöhten Steuern. Bei einem 40%-Pensum resultiert gerade mal ein Ertrag von rund Fr. 700.–, womit aufgrund erhöhter Steuerlast ebenfalls ein Minus-Saldo verbleibt. Dieser Effekt entsteht dadurch, dass das zweite Kind in Dübendorf bei der Bemessung des massgebenden Einkommens mit einem zusätzlichen Abzug von lediglich Fr. 3'000.– berücksichtigt wird, obwohl bereits ein einziger Krippentag/Woche/Kind rund Fr. 6'000.– pro Jahr kostet. In allen verglichenen Gemeinden ist dieser Abzug für das zweite Kind viel höher. Gerade wenn auf das steuerbare Einkommen abgestellt wird, ist jedes weitere Kind durch die Steuerabzüge pro Kind (Fr. 10'300.– inkl. Versicherungsabzug) bereits "automatisch" um ein Vielfaches stärker berücksichtigt als in Dübendorf.
Weiter führt die fehlende Berücksichtigung des Erwerbspensums bzw. der Anzahl benötigter Betreuungstage dazu, dass sich oft ein höheres Erwerbspensum der Familie (bspw. 160%) nicht mehr lohnt bzw. aus finanziellen Gründen gar unmöglich wird, weil damit die Grenze der Subventionsberechtigung überschritten wird, während bei einem tieferen (bspw. 120%) Pensum und entsprechend tieferem Gesamteinkommen noch Subventionen bezogen werden können. Die finanzielle Situation einer Familie ist indes nicht dieselbe, wenn Fr. 90'000.– mit 120 Stellenprozenten und einem Betreuungstag erwirtschaftet werden, als wenn hierfür 200 Stellenprozente und fünf Betreuungstage nötig sind.
Im Ergebnis führt dies dazu, dass viele Eltern von den Subventionen nicht oder in unzureichendem Mass erfasst werden, obwohl sie mit ihrem Zweit-Einkommen die Betreuungskosten nicht oder nur kaum decken können.
Diese Effekte sind bei keiner der verglichenen Städte vorhanden. Das zweite Kind wird i.d.R. deutlich stärker berücksichtigt: Es wird entweder auf das steuerbare Einkommen abgestellt, wodurch automatisch deutlich höhere (steuerliche) Kinderabzüge pro Kind miteinfliessen, oder die Kinderabzüge sind deutlich höher. Auch die Höhe des Erwerbspensums bzw. die Anzahl der notwendigen Betreuungstage stellt in anderen Städten folgerichtig ein Kriterium für die Berechnung des Ansatzes dar. Selbst im bürgerlich dominierten Luzern, welche Stadt insgesamt von den verglichenen Städten am wenigsten subventioniert und ursprünglich "Vorbild" war für unser System, gibt es keine der erwähnten negativen Erwerbsanreize.
Das Modell von Bern zeigt, dass ein faires Berechnungssystem nicht kompliziert sein muss: Die Berechnung des Tarifs erfolgt mittels einfachem Online-Tool anhand der Kriterien Einkommen, Familiengrösse, Anzahl Betreuungstage (vgl. https://www.bern.ch/themen/kinder-jugendliche-und-familie/kinderbetreuung/tagesstaetten-fuer-kleinkinder-kitas/tarifrechner). Die entsprechende Berechnungsformel könnte auch für Dübendorf eine zweckmässige Lösung sein, unabhängig davon, wie hoch die Subventionsbeiträge schliesslich ausfallen sollen. Die erwähnten Systemfehler bzw. Fehlanreize bestehen in ähnlicher Weise auch in Bezug auf die Elternbeiträge für die schulergänzenden Angebote. In diesem Bereich sind die Auswirkungen aufgrund der grundsätzlich geringeren Kosten jedoch etwas geringer. Zudem gelten bezüglich der schulergänzenden Betreuungsangebote etwas andere Voraussetzungen als bezüglich der familienergänzenden Betreuungsangebote. Darum beschränkt sich vorliegendes Postulat (vorerst) auf die familienergänzenden Betreuungsangebote.
Angelika Murer Mikolasek, Gemeinderätin glp/GEU und 17 Mitunterzeichnende