Dienstag, 9. August 2011

Grüne, SP, JUSO, glp und EDU ergreifen Behördenreferendum zum privaten Gestaltungsplan Giessen

Nach der Zustimmung des Gemeinderates vom 4. Juli 2011 zum privaten Gestaltungsplan Giessen sowie zur Änderung des Zonenplans und der Bauordnung Art. 39 haben die VertreterInnen der vier Parteien Grüne, SP/JUSO, GEU/glp und EDU ein Behördenreferendum gegen den Gemeinderatsbeschluss eingereicht. Damit kommt die Vorlage vors Volk.

Die beteiligten Parteien hoffen, dass die Bevölkerung weiser entscheidet als der Gemeinderat Dübendorf: Dieser hat einem qualitativ und städtebaulich völlig ungenügenden Gestaltungsplan zugestimmt, der jede Nachhaltigkeit vermissen lässt, mit dem Fokus auf einen raschen und kurzfristigen finanziellen Gewinn. Die involvierten GemeinderätInnen sind überzeugt davon, dass dieses kurzfristige Denken Dübendorf über die nächsten Jahrzehnte teuer zu stehen kommt. Gleich nebenan auf dem Zwicky-Areal wird beispielhaft aufgezeigt, wie eine Gestaltungsplanung ökologisch wertvoll, städtebaulich nachhaltig und mit langfristigem finanziellem Erfolg für alle Beteiligten Schritt für Schritt umgesetzt werden kann.

 

Bereits in der Vernehmlassung im Februar 2010 und in der Kommissionsarbeit im letzten Jahr haben Grüne, SP/JUSO und GEU/glp ihre Vorbehalte gegenüber dem privaten Gestaltungsplan Giessen angebracht und diese auch in der Juli-Sitzung des Gemeinderates dezidiert in der Diskussion vertreten. Da wichtige Punkte bei der vorliegenden Version des Gestaltungsplans nicht berücksichtigt wurden und ein privater Gestaltungsplan nur zurückgewiesen oder abgelehnt, aber nicht in einzelnen Punkten geändert werden kann, haben die genannten Parteien die Ablehnung beantragt. Mit 14 Unterschriften von Gemeinderatsmitgliedernist das Behördenreferendum formell zustande gekommen. Da die Änderungen im Zonenplan und der vorliegende Gestaltungsplan für Dübendorf ausserordentliche und langfristig negative Auswirkungen mit sich bringen, scheint es uns gerechtfertigt, die Vorlage dem Volk zur Abstimmung vorzulegen.

 

Die wichtigsten Punkte sind:

 

Zukünftige Nutzung

 

Eine längerfristige Perspektive hinsichtlich Nutzungs- und Bevölkerungsstrukturen für dieses wichtige Entwicklungsgebiet sind nicht erkennbar. Fast ein Viertel des ohnehin schon eher geringen Wohnanteils wird dem Boarding-House zugerechnet, einer Wohnform zwischen Ferienwohnung und Hotelbetrieb. Damit werden keine Personen angesprochen, die das Leben in Dübendorf bereichern und sich für die Gemeinde engagieren. Zukünftige Bewohner werden sich nach Zürich und dem Flughafen ausrichten. Dies wird durch die Lage des Quartiers zwischen Ringstrasse, Autobahn und mit der direkten Tramverbindung zum Flughafen gefördert. Wollen wir in Dübendorf wirklich Wohnraum für Hunderte von Personen schaffen, die an sich gar nichts mit Dübendorf zu tun haben wollen?

 

Zukünftige Infrastruktur

 

Demgegenüber besteht dennoch die Möglichkeit, dass einige Jahre nach Erstellung der Liegenschaften Familien einziehen, die dann Kindergärten, Hort- und Schulplätze etc. benötigen, welche heute aber nirgends eingeplant werden.

 

„Park“

 

Das Dreiecksgrundstück direkt hinter dem Coop Baucenter soll einen Park beherbergen – inmitten industrieller Bauten und sechsspuriger Strassen. Die geplanten Aufwertungs- und Erholungsmöglichkeiten sind in der vorgesehenen Form mit Fragezeichen zu versehen. Eine Randüberbauung mit halb-öffentlicher Nutzung (z.B. Alterswohnen) mit direktem Zugang zur freien und vom Lärm geschützten Freifläche würde die Belebung und die gewünschte soziale Durchmischung fördern. Dieses Grundstück, das uns zwar als (teurer) Park verkauft wird, erfüllt die Anforderungen an einen solchen nicht und stellt de facto aber eine Baulandreserve für den privaten Eigentümer dar. Eine solche Zonenplanänderung kann auch wieder rückgängig gemacht werden!

 

Anteil ÖV

 

Die exzellente Erschliessung des Giessenareals mit der Glattalbahn stellt eine einmalige Chance dar, die bei der Berechnung der geplanten (Maximal-)Anzahl Parkplätze zu wenig berücksichtigt wurde. Zu bedenken sind aber auch die Erschliessung des Areals aus andern Richtungen sowie die zusätzliche Verkehrsbelastung für die Umgebung: Es konnte nicht überzeugend aufgezeigt werden, wie mit der zusätzlichen Verkehrsbelastung für die Giessen-Kreuzung, die Überlandstrasse und die anliegenden Quartiere umgegangen wird. Die Verkehrsträger sind an diesen Orten schon heute regelmässig überlastet.

 

Eigentümerschaft / Investoren

 

Im Unterschied zum Zwicky-Areal, wo langfristig interessierte Investoren tätig sind und die Eigentümer eine emotionale Bindung zum Gelände haben, taucht hier ein Arealentwickler ohne Bezug zum Ort auf. Statt einem nachhaltigen, optimalen Gewinn, wird bei diesem Projekt ein kurzfristiger, maximaler Gewinn angestrebt. Das mag durchaus legitim sein, ob dies aber auch den maximalen Gewinn für Dübendorf darstellt, ist zu bezweifeln.

 

Dichte / Übertragung

 

Verdichtetes Bauen an dieser Lage ist richtig. Im vorliegenden Projekt wurde jedoch die Dichte des Dreiecksgrundstücks, das nun als „Park“ dienen soll, auf das Grundstück mit der Überbauung übertragen. Durch diese Übertragung entsteht für die geplante Überbauung eine Dichte, welche jedes Mass sprengt. Zur Sicherstellung der Rentabilität muss nun die Höhe von 114 m Höhe realisiert werden, da andere Möglichkeiten mit dem Stadtbild nicht vereinbar oder aus anderen Gründen nicht realisierbar seien. Ohne Nutzungsübertragung wäre ein Gebäude in der Grössenordnung ähnlicher Projekte (z.B. Richti-Areal, Glattzentrum, Zwicky-Areal) möglich gewesen.

 

Höhe des Gebäudes

 

Der Turm wird nicht nur von weither sichtbar sein, z.B. vom anderen Ende des Greifensees aus, sondern auch seine direkte Umgebung massiv beschatten. Türme dieser Grössenordnung sind im Stadtbild zu entwickeln und mit passender umgebender Infrastruktur einzubetten (à la Prime Tower und Hardbrücke) und in dieser Art vor allem dort zu realisieren, wo sie Sinn machen: in der Stadt Zürich.

 

Fazit:

 

Der vorliegende Gestaltungsplan verfügt nicht über die urbanen Qualitäten, die für stark verdichtetes Bauen dringend notwendig sind. Architektur und Technik alleine reichen nicht, um ein sinnvolles Gesamtkonzept zu realisieren, das für alle Seiten ein Gewinn ist. Es müssen zwingend auch die sozialen Fragen des Zusammenlebens und der weiteren städtischen Entwicklung berücksichtigt werden.

 

Die Bedenken, dass langfristig die Stadt durch dieses Projekt zum Vorteil weniger Einzelpersonen stärker belastet wird, als dass sie möglicherweise kurzfristig davon profitiert, konnten trotz vieler Nachfragen nicht zerstreut werden. Es muss vielmehr befürchtet werden, dass bei diesem Projekt einige wenige Einzelpersonen einen finanziellen Gewinn erzielen werden, während die Stadt Dübendorf die daraus resultierenden Probleme lösen und die entsprechenden Folgekosten tragen muss. Die Grössenordnung des Projektes – in Bezug auf Nutzungsfläche, Auswirkungen auf Wohnen, Arbeiten und Verkehr in Dübendorf, aber auch auf die langfristigen Finanzen der Stadt - sind nach Meinung der Parteien des Behördenreferendums klar negativ zu beurteilen. Wir hoffen, dass die Bevölkerung einem solch masslosen Projekt mit massiv negativen Auswirkungen auf Dübendorf eine Abfuhr erteilt!

 

Medienmitteilung von: Grünliberale, Grüne, SP/JUSO, EDU Dübendorf