Geschätzte Präsidentin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, geschätzte Mitglieder des Stadtrates, geschätztes Publikum
Der Erstunterzeichner der Initiative führt in seinem Leserbrief im Glatttaler vom 3. Februar 2023 an, dass unser Land mit einer Vielzahl von ernsthaften Problemen konfrontiert ist. Ich stimme Paul Steiner zu – auch wenn wir uns über die Priorität und Auswahl der Themen wahrscheinlich nicht einig sind. Die Frage, ob es für die Einführung von Tempo 30 Zonen eine besondere Kompetenzordnung braucht, die dem Stadtrat die Möglichkeit entzieht, innerhalb seiner Finanzkompetenzen eine Tempo 30 Zone einzuführen, zählt aus meiner Sicht eher nicht dazu.
Die Initianten von «Mitbestimmen bei Temporeduktionen» suggerieren uns eine bedarfsgerechte, vernünftige und basisdemokratische Umsetzung. Wir von der GEU/glp erkennen darin vor allem den Wunsch, das Thema noch intensiver und mit vielen Emotionen zu bewirtschaften. Das Parlament darf sich bei einer Annahme der Initiative schon jetzt auf viele hitzige Debatten gefasst machen – de-facto zu Problemstellungen, welche besser sachlich entschieden werden und – wie bereits erwähnt – haben wir in unserer Stadt wohl grössere und wichtigere Herausforderungen, die sich lohnen hier im Parlament intensiv diskutiert zu werden. Die Verkehrssicherheit eignet sich nicht für politische Machtspiele und das Ausspielen von Interessen.
Mit der Gültigkeitserklärung von Volksinitiative und der Zustimmung zum Gegenvorschlag geben Sie dem Volk die Wahl zwischen den folgenden drei Varianten:
- Annahme der Volksinitiative
- Annahme des Gegenvorschlags des Stadtrates
- Beibehaltung des Status quo
Der GEU/glp ist es wichtig zu betonen, dass der aktuelle Prozess mit der Führung des Stadtrates professionell, effizient und zu 100% demokratisch legitimiert ist – der Stadtrat ist, wie wir alle hier im Saal, durch Dübendorferinnen und Dübendorfer gewählt. Die Signalisation von Strassen ist eine eigentliche Exekutiv-Aufgabe. Der Stadtrat verfügt als Exekutive über den Kontakt zur Kantonspolizei und über das nötige Know-How in Bezug auf die gesetzlichen Vorschriften im Bereich des Strassenverkehrs, und kennt gleichzeitig im Detail die tatsächlichen und politischen Verhältnisse in der Stadt. Das ist auch der Grund, dass im Kanton Zürich grossmehrheitlich die Exekutive solche Entscheidungen trifft. Eine Verschiebung solcher Kompetenzen von Exekutive zur Legislative ist weder nötig noch sinnvoll.
Dem Gegenvorschlag des Stadtrats können wir in der gegebenen Situation jedoch durchaus auch Sympathien abgewinnen. Wenn eine verstärkte Mitwirkung des Volkes und damit ein noch demokratischerer Prozess gewünscht wird, dann ist es das einzig Richtige, den Menschen in den betroffenen Quartieren, also der wirklich betroffenen Bevölkerungsgruppe von Temporeduktionen, eine Stimme zu geben.
Das Votum der GRPK-Kommissionsmehrheit zeigt auf, dass bei der Gültigkeitserklärung sowohl von der Volksinitiative als auch vom Gegenvorschlag ein Graubereich existiert – daher auch «in dubio pro populo». Wer – wie die Initianten – behauptet, für die demokratische Prozesse und den Volkswillen einzustehen, der sollte sich auch diesen Grundsatz «in dubio pro populo» zu Herzen nehmen. Lassen wir somit der Stimmbevölkerung zwischen den Varianten eine wirkliche «Wahl» über die Ausgestaltung des zukünftigen Mitbestimmungsrechts bei Temporeduktionen.
Nach intensiven Abklärungen kommen wir zum Schluss, dass sowohl die Volksinitiative als auch der Gegenvorschlag juristisch zulässig sind. Wir wollen die offene Frage so rasch als möglich und ohne Mehrkosten für Dübendorf klären. Auch lehnen wir darum die Rückweisung des Geschäfts an den Stadtrat klar ab.
Die GEU/glp appelliert daher an beide Ratsseiten keine juristischen Schritte einzuleiten: weder gegen die Gültigkeit der Volksinitiative noch gegen den Gegenvorschlag des Stadtrates.
Mit Blick nach vorne kann das Volk somit in angemessenem zeitlichem Rahmen ohne grosse Verzögerungen über beide Varianten abstimmen – basisdemokratisch und direkt.
Wir werden dem Antrag der GRPK-Mehrheit folgen und die Initiative ablehnen und dem Gegenvorschlag zustimmen.