Montag, 2. März 2020

Postulat: Elternbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung

Votum an der Gemeinderatssitzung vom 2. März 2020 von Gemeinderätin Angelika Murer Mikolásek

Geschätzte Anwesende

Vorab möchte ich mich beim Stadtrat für die ausführliche Beantwortung bedanken. Der Stadtrat ist der Problematik durch relativ aufwändige Analyse auf den Grund gegangen. Das freut mich.

Die Analyse des Stadtrats und auch ein in der Antwort erwähnter Vergleich, welcher im Jahr 2012 vom Kanton vorgenommen wurde, bestätigen die Aussagen, die wir in unserem Postulat gemacht haben, dass sich die Erwerbstätigkeit beider Elternteile in Dübendorf oftmals nicht lohnt. In der vom Stadtrat abgedruckten Tabelle sieht man, dass Dübendorf (verglichen mit den anderen in der Tabelle aufgeführten Städten Basel-Stadt, Zürich und Dietikon) besonders schlecht dasteht. Wir haben in unserem Postulat zwei Hauptpunkte hervorgehoben, die gemäss unseren Berechnungen dazu führen, dass sich die Arbeit in so vielen Fällen nicht lohnt, nämlich die mangelnde Berücksichtigung von Geschwisterkindern sowie die fehlende Berücksichtigung des geleisteten Arbeitspensums der Eltern. Aus den Vergleichstabelle, die der Stadtrat in seiner Antwort eingefügt hat, gehen diese Unterschiede verglichen mit anderen Städten auch klar hervor: Geschwister sind überall stärker berücksichtigt und die Subventionen sind abhängig vom Beschäftigungsgrad. Die Analyse des Stadtrats kommt also im Wesentlichen zu demselben Ergebnis wie ich in meinen Berechnungen, die ich Ihnen das letzte Mal präsentiert habe. Das Problem ist also erkannt.

Nun ist natürlich das Interessante, was der Stadtrat nun mit dieser Erkenntnis machen will. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich aus dem Fazit nicht ganz drausgekommen bin. Der Stadtrat hält darin fest, Arbeit solle sich lohnen (wenn auch nicht „voll“). äusserst sich dann relativ ausführlich, was bei einer Überarbeitung des Elternbeitragsreglements alles zu berücksichtigen wäre und macht sogar konkrete Vorschläge, wie einzelne Punkte behoben werden könnten, um danach das Fazit zu ziehen, eine Überarbeitung des Elternbeitragsreglements werde vorerst nicht in Erwägung gezogen. Dies lässt mich einerseits etwas ratlos zurück, andererseits ist damit der mit dem Postulat erteilte Auftrag nicht erfüllt. Immerhin will der Stadtrat noch weitere Erhebungen tätigen und dann nochmals entscheiden.

Der Stadtrat schreibt, die Thematik um die Geschwisterrabatte sei nur eine ,,Stellschraube" im Gesamtsystem. Werde diese Stellschraube verändert, wirke sich das direkt auf die Eltern mit mehreren Kindern aus, da im Postulat von einer gleichbleibenden Belastung der Stadt ausgegangen werde, müsste untersucht werden, welchen Anteil Eltern mit mehreren Kindern hätten. Werde dem Wunsch eines gleichbleibenden Kostendaches auch in den nächsten Jahren Folge geleistet, wäre es wichtig einen Überblick über den Bedarf bzw. die Entwicklung der ausserfamiliären Kinderbetreuung zu haben.

Da muss ich den Stadtrat auf einen wichtigen Punkt hinweisen: Es ist schlicht falsch, dass die Postulanten von einer gleichbleibenden Belastung der Stadt ausgehen. Im Gegenteil haben wir den Stadtrat explizit beauftragt, einen Vorschlag zu erarbeiten, welcher auch eine Überschreitung des bisherigen Kostendachs vorsieht. Ich zeige hier gerne nochmals den Text:

(Folie)

Dass es gut wäre, einen Überblick über den Bedarf bzw. die Entwicklung der ausserfamiliären Kinderbetreuung zu haben, ist zutreffend. Dies war eigentlich auch im Auftrag des Postulats enthalten. Ich gehe davon aus, dass der Stadtrat dies noch vornehmen wird. 

Der Stadtrat schreibt zudem, es sei ein politischer Entscheid, wieviel die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wert sei. Dies ist korrekt. Ein erster politischer Entscheid des Parlaments ist in dieser Sache aber bereits gefallen, indem das Postulat mit einem klaren Auftrag überwiesen wurde. Der Stadtrat hat damit einen entsprechenden Auftrag gefasst, einen Vorschlag zu machen, und zwar wie gesagt innerhalb des Kostendachs als auch mit Überschreitung des Kostendachs.

Im Übrigen ergibt sich aus der Postulatsantwort, dass sich das bestehende Kostendach von Fr. 570‘000 für das gesamte Krippenangebot der Stadt Dübendorf auf die Annahme stütze, dass die städtischen Krippenplätze zu ca. 33% subventioniert werden sollten. Dies sei ein üblicher Kostenanteil. Wie sich aus der Aufstellung des Stadtrats ergibt, wurden aber im Jahre 2017 nur gut 20% und im Jahr 2018 sogar nur gut 15% aller Krippenplätze (ohne Babys) subventioniert. Mit dem heutigen Reglement wird also nicht einmal der bereits bestehende, politisch festgelegte Richtwert von einem Drittel Subventionierung erreicht. Eine gewisse Erhöhung der Beiträge wäre also sogar vom bestehenden politischen Konsens getragen.

Der Stadtrat schreibt weiter, Arbeit solle sich grundsätzlich lohnen, aber sie müsse sich nicht ,,voll" lohnen. Dann hält er aber auch fest, die Postulanten würden Erwerbsanreize in den Vordergrund stellen und es als erstrebenswert erachten, dass beide Elternteile arbeiteten. Der Beantwortung der Frage, ob aktuell Fehlanreize bestehen, liege somit bereits eine Wertung zugrunde. Es könne aber durchaus auch anders argumentiert werden. Zum Beispiel über die Möglichkeit, in der Erwerbstätigkeit zu bleiben mit zwar zeitlich begrenzten persönlichen Mehrkosten, die sich aber allenfalls später auszahlen würden, weil ohne Unterbruch an der Karriere habe gearbeitet werden können.

Was der Stadtrat damit sagen will, ist mir nicht klar: Soll sich Arbeit nach Ansicht des Stadtrats nun lohnen oder ist er der Ansicht, die Eltern müssten Mehrkosten tragen, damit man ohne Unterbruch „an der Karriere arbeiten“ kann? Ich teile die Ansicht des Stadtrats, dass es auch andere Gründe gibt, zu arbeiten, als der unmittelbare Verdienst. Deshalb jedoch das Elternbeitragsreglement nicht anzupassen und zu sagen, die Familien müssten die ganze Bürde alleine tragen, ist aber der falsche Schluss und geht an der Realität vieler Familien vorbei. Wie ich das letzte Mal dargestellt habe, gibt es aber eine relativ grosse Einkommensspanne, in welcher die Familien teilweise mehrere tausend Franken draufzahlen müssten, damit sie beide arbeiten gehen könnten, weil die Betreuungskosten soviel höher sind als das zusätzliche Einkommen. Da es sich hierbei nicht um die Vielverdiener handelt, ist in einer solchen Situation das Arbeiten faktisch schlicht nicht möglich, denn die Familien benötigen das Geld in der Gegenwart. Da hilft eine vage Karriereaussicht irgendwann später auch nicht weiter. Gerade bei diesen Einkommenskategorien ist allerdings das Interesse der Stadt aus finanzpolitischer Sicht gross, dass Karrieren eben nicht abgebrochen werden und damit verbundenen sozialen Risiken minimiert werden.

Nun noch eine letzte Bemerkung. Der Stadtrat lässt in seiner Antwort immer wieder nebenbei einfliessen, man müsse darauf achten, dass diejenigen Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, sich nicht benachteiligt fühlen würden bzw. es dürfe kein negativer Anreiz gesetzt werden, seine Kinder daheim zu betreuen. Man sollte einfach immer vor Augen haben, dass unser jetziges System auf sämtlichen Ebenen auf dieses Modell ausgerichtet ist, dass eine Person die Kinder voll oder zu sehr grossen Teilen betreut. Ich möchte dieses Modell keinesfalls benachteiligen. Davon sind wir aber bei den vom Postulat betroffenen Einkommensklassen soweit entfernt, dass dies heute kein Argument dagegen sein kann, unser Tarifsystem anzupassen.

Der Stadtrat beantragt die Aufrechterhaltung, was wir natürlich unterstützen. Ich erwarte aber das nächste Mal einen Bericht mit konkreten Lösungsansätzen mit Varianten für ein Tarifsystem, und einen konkreten Antrag des Stadtrats, so wie dies der Auftrag unseres Postulats war, und zwar unter Berücksichtigung, dass eine Einhaltung des bestehenden Kostendachs nicht erforderlich ist gemäss unserem Postulat. Sinnvoll wäre es auch, dabei die übergeordnete Gesetzgebung auf kantonaler und Bundesebene zu berücksichtigen.

Dabei ist es sicher gut, wenn entsprechende Abklärungen getätigt werden. Am Ende müssen wir in Dübendorf aber das Rad nicht neu erfinden. Ich habe es letztes Mal schon gesagt: Das Berner Modell, welches wie Dübendorf nicht auf das steuerbare Einkommen abstellt, bringt gute Ergebnisse. Ich habe verschiedenste Einkommenssituationen durchgerechnet und bemerkt, dass es sehr ausgeglichen ist. Warum fragt man nicht einfach mal in Bern nach, ob die uns die Berechnungsformel zur Verfügung stellen würden? Die konkrete Höhe der Beiträge kann man ja dann für Dübendorf anpassen. So müsste es eigentlich möglich sein, mit vernünftigem Aufwand zu einer guten Lösung zu kommen.

Besten Dank für die Aufmerksamkeit.