Montag, 23. Januar 2017

Andreas Erdin aus dem Kantonsrat

Themen im Rat: Gesetz über die Jugendheime und die Pflegekinderfürsorge, Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Berufsbildung, Volksschulgesetz, Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen, Änderungen in zwei Bauverordnungen, Objektkredit für die Erstellung eines (sogenannten) Radstreifens in Wetzikon, Kein GEAK Obligatorium

Gesetz über die Jugendheime und die Pflegekinderfürsorge (Christoph Ziegler)

Im Normalfall sind die sogenannten Redaktionslesungen der Gesetze unspektakulär und es gibt keine inhaltlichen Diskussionen mehr.
Die heutige Sitzung begann also unspektakulär mit der Redaktionslesung des Gesetzes über die Jugendheime und die Pflegekinderfürsorge. Die SVP stellte aber einen Rückkommensantrag, mit welchem der Kanton Mehrausgaben von gegen 70 Millionen zu stemmen hat. Dies mit dem eigentlich unspektakulären Antrag, die Rückwirkung eines Gesetzes auf den 1.4.2016 wieder zu streichen. Sie wollte, dass die Gemeinden (in der Summe sind das insbesondere die Städte Zürich und Winterthur) einen Teil des Geldes vom Kanton zurückfordern können, das sie bei Heimeinweisungen wegen fehlender Rechtsgrundlage (seit 40 Jahren) selbst bezahlt haben. Dieser «Spontanantrag» kostet den Kanton nicht nur viele Millionen, die nicht budgetiert sind, sondern ist auch mit viel zusätzlicher Bürokratie verbunden.

Dabei wäre in diesem Fall aus Sicht der Grünliberalen, des Regierungsrats und anfänglich einer klaren Ratsmehrheit eine Rückwirkung angezeigt gewesen, weil die Bedingungen dafür erfüllt sind und weil ein „wasserdichtes“ Gesetz vorgelegen hatte. Die Vernunft hat aber nicht gesiegt.
Nun werden die Verhandlungen zwischen Kanton und Gemeinden sehr schwierig. Der Schwenker kostet den Kanton gegen 70 Mio. Franken und bringt viel Arbeitsaufwand in Kanton und Gemeinden. Leider setzte sich das Lobbying der Städte bei der SP-Fraktion durch, so dass diese zusammen mit SVP, FDP und BDP die Rückwirkung mit 111:50 Stimmen aus dem Gesetz strich.

 

Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Berufsbildung (Christoph Ziegler)

Auch die Redaktionslesung des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Berufsbildung war keine reine Formsache: Grünliberale, Grüne, SP und AL stimmten nicht zu, weil die Regierung ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat. Damit Bundesgelder abgeholt werden können, muss zuerst noch geprüft werden, welche Angebote der Kanton künftig noch fördern will, und Klarheit darüber geschaffen werden, wie das Weiterbildungsgesetz umgesetzt wird. Schliesslich wurde das Gesetz aber doch, allerdings nur mit 103 Stimmen, gutgeheissen.

 

Volksschulgesetz (Christoph Ziegler)

Bei der Redaktionslesung des Volksschulgesetzes hingegen stimmte einzig die FDP nicht zu. Der Kostenteiler beim Fach «Religion und Kultur» zwischen Kanton und Gemeinden wird neu geregelt. Es wäre ungerecht, wenn der Kanton nur die eine Systemwidrigkeit, die bei diesem Fach bestand, beseitigt (diejenige zu seinen Gunsten), die andere aber stehen liesse (diejenige zu seinen Lasten).

 

Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (Sonja Gehrig)

Nach den eher problematischen Redaktionslesungen beriet der Kantonsrat das Gesetz über den Beitritt zur revidierten Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen. Bei jeder öffentlichen Vergabe soll neu die Lehr- lingsausbildung als Zusatzkriterium mitberücksichtigt werden. Das sieht auf den ersten Blick nach aktiver Lehrlingsförderung aus, ist aber auf den zweiten Blick problematisch. Aus Sicht der Grünliberalen (und des Regierungsrates) würde da- mit eine Ungerechtigkeit geschaffen, indem kleine Betriebe benachteiligt werden; auch ist ein solches Zusatzkriterium nicht liberal.

 

Änderungen in zwei Bauverordnungen (Benno Scherrer)

Als nächstes genehmigte der Kantonsrat mit 97 Stimmen Änderungen in zwei Bauverordnungen. Grünliberale, Grüne, SP und AL stimmten dagegen, weil diese Änderungen für materielle Änderungen des Gesetzes missbraucht werden. Bereits die diesbezüglichen Gesetzesänderungen, die der Kantonsrat im Herbst beschlossen hatte, waren keine sinnvolle Verdichtungsvorlage gewesen (als was sie verkauft wurden). Und wenn nun mittels Verordnung noch Lockerungen der Bauvorschriften wie grössere Wintergärten oder grosszügigere vorspringende Gebäudeteile gemacht werden, sind das Privilegien für die Bauherren und keine echten Verdichtungsvorlagen.

 

Objektkredit für die Erstellung eines (sogenannten) Radstreifens in Wetzikon (Benno Scherrer / Andreas Erdin)

Ferner bewilligte der Kantonsrat mit 103 Stimmen einen Objektkredit für die Erstellung eines (sogenannten) Radstreifens in Wetzikon. Grünliberale, Grüne und ein Teil der SVP stimmten (aus unterschiedlichen Gründen) dagegen. Wir wollen ein besseres Projekt, eines, bei dem die Bedürfnisse der VelofahrerInnen auch wirklich berücksichtigt werden. Es muss befürchtet werden, dass der Radstreifen wieder aufgehoben werden könnte, nämlich bei einer allfälligen Inbetriebnahme der Westtangente Wetzikon, wo allenfalls derart viel Schwerverkehr und Busse sich kreuzen werden, dass der Radstreifen mitbeansprucht werden muss.

 

Kein GEAK Obligatorium (Barbara Schaffner)

Abschliessend stimmte der Kantonsrat über die Parlamentarische Initiative von Beni Schwarzenbach (glp Zürich) aus dem Jahr 2014 ab, die 2015 vorläufige Unterstützung gefunden hatte. Sie forderte ein Obligatorium für einen GEAK (Gebäudeenergieausweis der Kantone) bei Handänderungen. Eine solche Energieetikette gäbe nicht nur eine zuverlässige Auskunft über die Energiebilanz des Gebäudes, sondern auch konkrete Hinweise zu ihrer Verbesserung. Sie würde für Verkäufer und Käufer Transparenz schaffen und das Bewusstsein für die Energiebilanz des Gebäudes schaffen. Das brächte viel, da ja 40% des Energieverbrauchs der Schweiz im Gebäudebereich anfallen. Doch leider reichten die 66 Stimmen von Grünliberalen, Grünen, SP, EVP und BDP nicht für eine definitive Unterstützung einer entsprechenden Gesetzesänderung. Sie wurde heute vom Kantonsrat mit 94 Stimmen abgelehnt.