Dienstag, 23. Juni 2020

"Wir befürchten Kapazitätserweiterungen durch die Hintertüre"

Fünf Fragen an Franziska Barmettler: Im Interview erläutert die Kantonsrätin, weshalb die glp-Fraktion im Zürcher Kantonsrat in der Sitzung vom 22. Juni 2020 gegen den vom Bund angepassten Sachplan Infrastruktur Luftfahrt für den Flughafen Zürich Kloten gestimmt hat.

Salomon Schneider: "Um was geht es bei der Vorlage zur Teilrevision des Kantonalen Richtplans, Kapitel 4?"

Franziska Barmettler: "Der Bund hat ein neues Sicherheitskonzept für den Flughafen Zürich umgesetzt und entsprechend den Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL) angepasst. Diese Anpassung müssen wir quasi im autonomen Nachvollzug in unseren Kantonalen Richtplan übernehmen. Das betrifft insbesondere auch die Abgrenzungslinie (AGL), welche ein kantonales Instrument ist. Die Abgrenzungslinie umfasst das Gebiet mit Lärmauswirkungen und setzt die Begrenzungen für die künftige Siedlungsentwicklung rund um den Flughafen."

 

"Wieso lehnte die glp-Fraktion die Vorlage ab?"

"Die AGL muss verbindlich sein. Wir haben als Kanton die AGL 2015 festgelegt, mit dem Ziel, für die nächsten 25 Jahre Planungssicherheit zu schaffen. Eine erneute Anpassung ist nicht opportun und wenn, muss es wichtige Gründe geben. Die Begründung des Bundes überzeugt uns in dieser Hinsicht nicht."

 

"Wieso nicht, mehr Sicherheit ist doch zu begrüssen?"

"Ja, aber mehr Sicherheit ist in erster Linie mit betrieblichen Massnahmen zu erreichen. Und sie dürfen nicht zu ungewollten Kapazitätserweiterungen führen. Hier fehlen uns die Kontrollmechanismen. Denn die neuen Sicherheitsmassnahmen, wie beispielsweise Südabflüge bei Bise und Nebel sowie die neuen Abflugrouten führen nicht nur zu mehr Sicherheit, sondern auch zu einem nahtloseren Betrieb und somit zu mehr Spielraum für mehr Kapazität."

 

"Ist die glp-Fraktion gegen den Flughafen Kloten?"

"Keineswegs! Der Flughafen Zürich ist wichtig für eine dynamische Metropolitanregion Zürich und gleichzeitig stellt er eine Belastung für Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Umwelt dar. Die Grünliberalen sind stets bemüht, dieses Spannungsfeld im Sinne aller zu entschärfen. Eine Anpassung der AGL vor diesem Hintergrund trägt nicht zu einer Entschärfung bei, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Rahmenbedingungen für die Benützung des süddeutschen Luftraums noch nicht geklärt sind."

 

"Da es sich hier um eine Kompetenz des Bundes handelt, wird der Sachplan Infrastruktur Luftfahrt sowieso umgesetzt. Was bringt deiner Ansicht nach eine Ablehnung durch die glp-Fraktion?"

"Alle Fraktionen haben in ihren Voten die Übernahme von Bundesvorlagen ohne die Möglichkeit der Mitgestaltung als “unschön” bezeichnet. Glp und Grüne hatten als einzige Fraktionen den Mut, hier konkret zu handeln und konnten die Unterstützung von einzelnen Vertretern von SP und EVP gewinnen. Mit 59:113 Stimmen konnten wir hier ein wichtiges Zeichen Richtung Bern senden."