Interview mit Bauherr und GEU-Mitglied Bruno Hediger
Zusammen mit Esther Ramseier bist du Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, das im Minergie-P-ECO®-Standard gebaut wurde. Die Tatsache, dass euer Haus Thema einer 90-seitigen Master-Arbeit ist, zeigt, wie aussergewöhnlich solche Bauten auch heute noch sind. Wann kam dir die Idee dazu?
Bruno Hediger: Während meiner Studienzeit erfuhr ich von Holzhäusern in Kanada, die dank ihrer Bauweise trotz der kalten Wetterverhältnisse kaum geheizt werden mussten. Da entstand die fixe Idee, dass dies auch in der Schweiz möglich sein muss. Als dann eine Sanierung unseres Hauses an der Glärnischstrasse anstand, entschieden wir uns es abzubrechen und einen Neubau nach Minergie-P-ECO® zu realisieren. Nach einjähriger Bauzeit wurde es im Oktober 2008 fertig gestellt.
Mit welchen Schwierigkeiten musstet ihr bei der Umsetzung eurer Idee kämpfen?
Die erste Herausforderung war die Finanzierung. Keine Bank war damals bereit, uns für unser Vorhaben einen Kredit geschweige denn vorteilhaftere Konditionen zu geben. Nach langer Suche fand sich schliesslich eine Bank, die uns die entsprechenden Mittel zusprach. Dies hat sich inzwischen sicher gebessert, da nun auch die Banken stärker für Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit sensibilisiert sind. Zudem war die Wahl der geeigneten Baufirmen schwer, da viele Elemente Massarbeit sind und nicht alle Unternehmen auch in der Umsetzung das nötige Know-how bieten. Doch dies ist das Los der Pioniere. Andererseits kämpfen wohl alle mit diesen Problemen, auch beim konventionellen Bauen. Und nicht zuletzt war da der riesige Aufwand für die nötigen Bewilligungen und Zertifizierungen. Unser ist das sechste Minergie-P-ECO®-Haus, das im Kanton Zürich gebaut wurde, und es ist äusserst kompliziert, die entsprechenden Zertifikate zu erhalten. Daher war das Label Minergie-P-ECO® mehr eine Frage des Prestiges.
Es ist erstaunlich, wie umweltfreundlich heute dank neuer Technologiengebaut und gewohnt werden kann (s. Flyer). Was könnte getan werden, um den Menschen eine nachhaltigere Bauweise schmackhafter zu machen?
Seitens der Gemeinden könnten vor allem finanzielle und organisatorische Anreize gegeben werden, zum Beispiel in Form einer Vereinfachung der Bewilligungspraxis oder einer Erlassung der Bewilligungskosten. Es wäre auch denkbar, dass sich die Gemeinden an den Kosten für die Zertifizierung beteiligen, um die Eigentümer zu entlasten. Die bestehende kostendeckende Einspeisevergütung des Bundes ist leider enttäuschend, da die zur Verfügung stehenden Mittel bei Weitem nicht für alle Projekte ausreichen. Wir warten noch immer darauf und haben uns nun entschlossen, zusammen mit Christian Leuenberger eine eigene Strombörse zu starten: Man kann bei uns produzierten Ökostrom zu reduzierten Preisen beziehen. Pro Jahr stehen ca. 3000 kWh zur Verfügung, die in Tranchen von 100kWh vergeben werden. Interessierte können sich bei Christian Leuenberger (christian.leuenberger@leupro.ch) melden.
Wie lebt es sich in einem Minergie-P-ECO®-Haus?
Es lebt sich wunderbar! Tendenziell ist es eher etwas zu warm und die Luft eher trocken. Aber er reicht schon, die feuchte Wäsche in der Wohnung aufzuhängen, um die Luftfeuchtigkeit markant zu erhöhen. Wir brauchten ca. zwei Jahre, um unsere Systeme abzustimmen, jetzt funktionieren sie aber bestens. Leider hört man auch heute noch Schauergeschichten über kaltes Gebläse oder schlechte Luftqualität in den Räumen, die aber schlicht nicht stimmen. Natürlich ist es aber wichtig zu wissen, wie man korrekt Schattiert und Lüftet, doch das Wohnen ist auch für Laien absolut nicht kompliziert.
Welche Ratschläge gibst du jenen, die sich einen Bau oder Umbau nach Minergie®-Standard überlegen?
Eine gute Planung ist sehr wichtig. Die richtigen Experten – Architekten, Baufirmen – sind das A und O. Man sollte sich daher Zeit nehmen für die Auswahl und unbedingt Referenzen einholen. Etwas Geduld und Flexibilität sind ebenfalls nötig, denn es tauchen immer Fragen oder Probleme auf, die gelöst werden müssen. Es ist erfreulich zu sehen, dass die Rahmenbedingungen immer besser werden und sich immer mehr Leute für nachhaltiges Bauen entscheiden. Auch wir sind auf viel positives Echo gestossen. Als wir Mieter für unsere Wohnungen suchten, waren wir vom grossen Interesse überrascht. Wir erhielten sogar Anfragen aus den USA.
Kein Zweifel: Wir würden es auf jeden Fall wieder tun