Montag, 4. November 2019

Baukredit: Mehrzweckgebäude Obere Mühle

Votum von Marcel Drescher: Leider gibt es bei diesem Projekt noch viel zu viele Kritikpunkte. Viele Fragen sind nicht geklärt, Synergien nicht genutzt und der Bedarf nicht ausgewiesen. Wir lehnen den Baukredit inkl. der Erhöhung der jährlichen Betriebs- und Unterhaltsbeiträge daher einstimmig ab. Der Stadtrat soll die Situation mit den am stärksten betroffenen Vereinen aber rasch analysieren und mögliche neue und auch bisherige Alternativen im Rahmen der zahlreichen in Dübendorf anstehenden Projekte detailliert überprüfen.

Herr Gemeinderatspräsident

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen

Liebe anwesende Besucher

 

Die Obere Mühle ist und macht Kultur.

Kultur ist farbig, Kultur ist Kreativität. Und das ist gut so!

Leider hätte ich mir bei der Erarbeitung des Betriebskonzeptes durch die Obere Mühle, seit der Bewilligung des Planungskredites, mehr Kreativität erhofft.

Kultur in Dübendorf ist wichtig. Auch uns. Aber nicht um jeden Preis. Rufen Sie sich, geschätzte Kolleg*innen, die Diskussionen an dieser Stelle über die weitere Unterstützung des Kino Orions in Erinnerung. Wir hatten ganz ähnliche Voten, welche noch viel mehr Kreativität vom Kino einverlangten und dürfen dabei nicht vergessen, dass wir „nur“ über 25‘000 Franken jährlich, für drei Jahre befristet, zu befinden hatten.

Die beiden Voten meiner Kollegen aus der GRPK, welche die Pro- und Kontra-Argumente für und gegen einen Neubau gut zusammenfassten, geben gesamthaft eine hervorragende Übersicht zum vorliegenden Projekt und sie zeigen – leider – exemplarisch auf, dass sich zwischen der Diskussion vom 3. Juli 2017 hier im Gemeinderat zum Planungskredit und heute, kaum etwas verändert hat. Und dies obwohl diverse kritische Anmerkungen in Richtung Betriebsbudget und Verkehrskonzept genannt wurden vor 2 ½ Jahren.

Deshalb konnte ich das damalige Votum meiner Kollegin Stefanie Huber recyceln und auf die aktuelle Situation adaptiert vortragen.

Die glp/GEU-Fraktion anerkennt, dass einzelne Vereine heute nicht die passenden Räume für ihre Aktivitäten vorfinden. Den vorliegenden Baukredit für einen Neubau bei der Oberen Mühle lehnen wir jedoch ab. Denn das Projekt ist in unseren Augen im Verhältnis zum vorhandenen Bedürfnis zu teuer.

 

Wir hatten uns beim Planungskredit hoffnungsvoll geäussert, dass die noch offenen Punkte bis zur Vorlage des Baukredites angegangen werden können und so ein abgerundetes Gesamtprojekt zur Abstimmung kommt, welches keine Fragen offen lässt.

 

Der Baukredit über nun 8.5 Mio. CHF ist die eine Seite – wovor unsere Fraktion aber ebenso grossen Respekt hat, sind die jährlich wiederkehrenden Kosten, die mit dem Projekt verbunden sind. So soll der jährliche Betriebsbeitrag und der jährliche Unterhaltsbeitrag von bisher total 275'000 auf neu 485'000 Franken steigen. Ein Plus von 210'000 Franken Jahr für Jahr.

 

Dass die heutigen Säle für einige der in den Eingangsvoten erwähnten Musik- und Kulturvereine unbefriedigend sind, kann die glp/GEU-Fraktion nachvollziehen. Dass sich die Stadt für ein passendes Raumangebot für die Vereine einsetzt, unterstützen auch wir. Es ist jedoch auch ein Fakt, dass der jedes Jahr für Mieten von Vereinen von der Stadt zur Verfügung gestellte Betrag nicht ausgeschöpft wird. Das kann man so als ein klares Zeichen interpretieren, dass sich die Situation um die fehlenden geeigneten Räumlichkeiten sich nicht so dramatisch darstellt. Ein attraktives Kulturangebot darf und soll der Stadt Dübendorf etwas wert sein. Jedoch sind auch die Vereine gefordert kreativ zu sein.

Setzt man die Kosten eines Neubaus bei der Oberen Mühle in Relation zum

Nutzen und betrachtet man die negativen – nicht nur finanziellen – Nebenwirkungen, so setzen wir als glp/GEU-Fraktion so grosse Fragezeichen hinter das vorliegende Projekt, dass wir es nicht unterstützen können. Diese vorhandenen harten Fakten werden durch einen weiteren Softfaktor gestützt:

So sind die heute bestehenden Gebäude der Oberen Mühle und der Senfmühle in Kombination mit dem Freiraum in Richtung Freibad ein funktionierendes Ensemble, das nicht durch einen zusätzlichen Bau auf dem noch vorhandenen Freiraum zerstört werden darf.

 

Lassen Sie mich ein paar Bereich detaillierter begründen:

Die Vereine, welche vom Neubau profitieren würden, leisten einen wichtigen Beitrag für Dübendorfs öffentliches Leben und mobilisieren viel Freiwilligenarbeit. Sie sollen im Fokus einer Lösung stehen. Die Obere Mühle ist eine Stiftung, die bereits heute von grossen öffentlichen Zuschüssen mitgetragen wird. Die jährlichen Beitrags- und Unterhaltsbeiträge würden – wie bereits gehört – durch den Neubau, welcher bereits vollumfänglich von der Stadt bezahlt werden soll, massiv steigen.

Dem gegenüber erscheinen die angestrebten Einnahmen der Oberen Mühle, trotz der hervorragenden Neupositionierung mit einem Neubau, ganz und gar nicht ambitioniert. Es wäre nicht nur wünschenswert, dass die unternehmerischen Ansätze der Stiftung sichtbarer würden – es wäre unabdingbar gewesen. Und Zeit diesen Beweis anzutreten gab es seit der Debatte um den Planungskredit im 2017 genügend. Bewegt hat sich fast nichts.

 

Dass Dübendorf einen heimischen Kulturanbieter – weiterhin! – unterstützt, begrüssen wir. Die Kosten für die Steuerzahler*innen steigen mit diesem Projekt aber so massiv, dass es uns im Hinblick auf die Gesamtaufgaben der Stadt und die Projekte der nächsten Jahre nicht opportun scheint ein «Nice-to-have» Projekt zu finanzieren. Und vergessen wir eines nicht: die Obere Mühle ist nicht der einzige Kulturveranstalter in Dübendorf. Andere Veranstalter kämen zusätzlich in Bedrängnis, gegen eine von der öffentlichen Hand bezahlten Lösung bestehen zu müssen.

 

Konkurrenzsituation:

Die oft gehörte Aussage, dass es nicht Aufgabe der Stadt sei, bestehende Säle zu füllen mag richtig sein, auch wenn die Aussage eher kurz greift. Denn es ist sicher auch nicht erste Aufgabe der Stadt, einen subventionierten Saal für die Bedürfnisse von Einigen zu erstellen.

Es ist von allen Seiten anerkannt, dass durch den Neubau die bisherige Ausnutzung grösserer und kleinerer bestehender Säle in Dübendorf sinken wird. Es kann nicht im öffentlichen Interesse sein, dass die bestehenden Dübendorfer Säle so oft leer stehen. Da auch mit dem jetzt vorliegenden Betriebskonzept keine wirklich neuen Angebote sichtbar gemacht wurden durch das Projekt – es wurden lediglich Umlagerungen von bestehenden Standorten in den Neubau aufgezeigt – werden wir die Situation erhalten, dass die von der Stadt subventionierte Obere Mühle an den bestehenden heutigen Standorten Lücken reissen wird, die nur sehr schwer zu füllen sein werden.

Nennen wir das Kind beim Namen: wäre es einfach, solche Lücken mit neuen Angeboten zu füllen, hätte uns das die Obere Mühle im Betriebskonzept aufzeigen können.

 

Verkehrssituation:

Wie den Eingangsvoten zu entnehmen ist, wird der künftigen Verkehrssituation zu

wenig Beachtung geschenkt. Wir befinden uns unmittelbar neben dem Frei- und dem geplanten künftigen Hallenbad! Mit dem Hallenbadneubau und dem Neubau bei der Oberen Mühle würde sich das Verkehrschaos noch an viel mehr Tagen in die umliegenden Quartiere ergiessen. Den Anteil am Langsamverkehr erhöhen zu

wollen ist lobenswert, aber im vorliegenden Verkehrskonzept alles andere als gelöst. Das Prinzip Hoffnung wird vor allem den Quartieranwohnern mit Such- und Parkierungsverkehr grosse Nachteile bringen. So wurden zum Beispiel in die Berechnung der vorhandenen Parkplätze alle in der Umgebung vorhandenen Parkplätze mit einbezogen. Dass diese aber bereits von den Einwohner*innen beansprucht werden, wird ausser Acht gelassen.

Die beiden Projekte müssten sich an diesem Thema unbedingt abstimmen und gemeinsame Lösungen finden – momentan scheint es so zu sein, dass jeder nur einfach sein Projekt realisieren möchte. So geht das heute einfach nicht mehr!

 

Alternativen:

Es wird und wurde viel zu wenig darüber gesprochen, was man sich in Sachen Kultur überhaupt leisten kann und will. Auch dürften mit dem vorliegenden Projekt einer Zentralisierung der Kulturstätten auf die Obere Mühle nicht alle kulturellen Institutionen rundum glücklich sein. Somit würde über eine wichtige Alternative zum Mehrzweckgebäude – eine dezentrale Kulturlandschaft – viel zu wenig diskutiert.

 

Die bestehenden Säle sind über ein ganzes Jahr gesehen in Dübendorf mit einer durchschnittlichen Belegung von 40% bis maximal 70% nicht besorgniserregend ausgelastet. Dass Engpässe z.B. an gewissen Wochentagen auftreten, ist kein Phänomen unserer Stadt, das tritt überall auf. Entsprechende Kreativität bei der Belegung von Lücken kann sogar finanzielle Vorteile bringen, da die Kosten für die bislang unterdurchschnittlich gebuchten Daten tiefer ausfallen könnten, als an Daten, die «jeder» gerne buchen würde. Auch Künstler treten gerne an solchen Daten auf, denn auch sie können nicht überleben, wenn sie nur für Auftritte am Freitag und Samstag gebucht würden.

 

Der Hecht-Saal ist neben den beiden grossen Sälen der Kirchen eine weitere Alternative. Die Belegungsvereinbarung sichert 100 Tage Belegung des Saales pro Jahr durch Dübendorf Vereine finanziert durch die Stadt. Übrigens gab es noch kein Jahr, in welchem diese 100 Tage von den Dübendorfer Kulturvereinen genutzt wurden… An dieser Stelle ein Aufruf an den Stadtrat: es wäre dringend notwendig, die unbefriedigende Raumklimatisierung im Hecht dringend zu verbessern. Es wäre schön, wenn es diesbezüglich endlich konkrete Verbesserungen gäbe. Ohne weitere zeitliche Verzögerung.

 

Fazit:

Geschätzte Anwesende, Sie sehen, die glp/GEU-Fraktion hat sich mit diesem Geschäft sehr ausführlich beschäftigt und hat weiterhin viel zu viele Kritikpunkte anzubringen. Der Bedarf für einen Neubau ist für uns nicht vorhanden und unter den vorher erwähnten finanziellen Eckwerten nicht tragbar.

 

Die glp/GEU-Fraktion lehnt den vorliegenden Baukredit inkl. der Erhöhung der jährlichen Betriebs- und Unterhaltsbeiträge einstimmig ab.

 

Allerdings sind wir nach wie vor ganz klar der Meinung, dass, im Falle einer Ablehnung heute Abend durch den Rat oder später durch das Volk an der allfälligen Urnenabstimmung, der Stadtrat die Situation mit den am stärksten betroffenen Vereinen rasch analysiert und mögliche neue und auch bisherige Alternativen im Rahmen der zahlreichen in Dübendorf anstehenden Projekte detailliert überprüft.